Auswirkungen der Digitalisierung, Chancen und Zielsetzungen für betriebliche Interessenvertretungen
10 Jahre Kooperation zwischen DGB Bildungswerk NRW und der TBS NRW im Bildungsprogramm „Profis für Profis“: Am 13.-14. September in Oberhausen richteten die Teilnehmenden den Blick auf die Zukunft der Arbeit.
Die einleitenden Referate gaben einen Überblick zu Auswirkungen der Digitalisierung, Möglichkeiten zur Gestaltung guter Arbeit, Chancen und Bedrohungen, Arbeitsformen und zur Verbindung bzw. Vernetzung der Technologien. Handlungsfelder der Mitbestimmung und Partizipation wurden aufgezeigt. Und die Rolle einer „Bildungsarbeit 4.0“ wurde erläutert.
Die Themen waren zugeschnitten auf die „Stammgäste“ der Bildungskooperation: Betriebsräte, Personalräte, Mitarbeitervertretungen aus verschiedensten Branchen und Lebensbereichen. In 6 Workshops wurde nachgedacht und diskutiert über aktuelle Fragen:
- Den Umsetzungsstand von „Industrie 4.0“ in Betrieben und Organisationen mit der „Verheiratung“, der Integration von Produktions- und Informationstechnik, Standardisierung und Vernetzung,
- „Tracking and tracing“ – Verfolgung und Überwachung qua IT und Steuerung von Verhalten und Leistung, aber auch Personaleinsatz,
- Entwicklungen in Richtung „digitaler Verwaltung“ mit elektronischen Akten und customer-self-service,
- „digitalisierte Personalarbeit“, durch Software formalisiert, die Teile ihrer Aufgaben laufend beurteilten, gefeedbackten und „vermessenen“ Beschäftigten auflastet,
- die Möglichkeiten zur Regulierung weitgehend selbstverantwortlicher Wissens-, Projekt- und mobiler Arbeit mit indirekter Steuerung und wachsenden Anforderungen an die „Selbstmanagement“-Fähigkeiten bis hin zu
- betrieblich zunehmend abgespaltenen und - auch in die Internet Cloud - verlagerten Aufgaben für Crowdworking isolierter Ich-Unternehmer*innen.
Die Teilnehmer*innen sprachen über die Trends, suchten Leitbilder für Gestaltung und Organisation von guter Arbeit 4.0, bestimmten Ziele der Interessensvertretung und geeignete Maßnahmen zur Zielerreichung.
Das 4.0-er-Thema beinhaltet ja zuallererst viel - oft faszinierende - Technik: Wachsende Fähigkeiten der Rechner, die in allen Formen geliefert werden, in immer mehr „smarte“ Produkte „eingebettet“ werden (Transportgeräte, Telefone, Brillen, Bremsen, Kühlschränke, Kopter .. ), die Freigabe der Funklizenzen für kommerzielle Anwendungen, das weiträumig und schneller verfügbare Internet, Auffindbarkeit, Identifikation und Adressierbarkeit von allem, worauf z.B. ein Funk-Chip befestigt werden kann, die Übernahme von Kopfarbeit (Rechnen, Bilderkennen, Klassifizieren, Prognostizieren…) durch „künstlich intelligente“ Software und Systeme, die aufblühende Messtechnik mit mehr und vielfältigerer Sensorik, die große Datenmengen in die Rechner liefern kann, und die Rückgabe von Steuerungsimpulsen in sogenannte Aktoren, welche wiederum Geräte (z.B. auch Roboter) manipulieren können, die – wenn über das Netz steuerbar - zu Cyber-Physischen-Systemen werden.
Die vielen – täglich zunehmenden - Erscheinungsformen und Anwendungsmöglichkeiten (zu Wasser, zu Lande, in der Luft und im Weltall) enthalten viel Gesprächsstoff, und es ist spannend in diese Welt zu blicken.
Den Teilnehmer*innen verstellten sie jedoch nicht den Blick auf die Arbeitenden, die von ihnen zu leistenden Aufgaben und die Bedingungen, zu denen die Arbeit zu leisten sein wird.
Die Fragen waren:
- Übernehmen die Geräte alles, wer baut und wartet sie, bleibt noch Arbeit, welche, für wen, wie lange? Weil sie (noch) nicht automatisierbar ist, oder weil dies – z.B. bei Beziehungsarbeit – nur durch Menschen ginge, und nicht mit „humanoiden“ Puppen bzw. Robotern.
- Wo sind Märkte, wer kauft, welche Produkte, Branchen, Länder sind wann wie dran, wer zuerst, früher, später, wer verliert, wer gewinnt?
In den Betrieben und Organisationen wird – so der Tenor der Diskussionen – meist keine einheitliche Bewertung möglich sein. Vielmehr werden die Unterschiede durch die Interessenvertretungen herauszuarbeiten sein: Welche Abteilung, welcher Bereich wird wie betroffen sein, gewinnen oder Gefahr laufen zu verlieren.
Die Ziele der Teilnehmenden richteten sich auf die Mitgestaltung anstehender und möglichst sozial zu regelnder Änderungen. Formen der Qualifizierung sowie Beteiligung in den Gestaltungs- bzw. Einführungsaktivitäten, Projekten und Teams wurden als Maßnahmen diskutiert. Mitbestimmung und Solidarität hätten auch dem Schutz von Personengruppen wie Älteren oder weniger Qualifizierten zu dienen. Fraglich sei was aus den mittleren Qualifikationen werde.
Es ging auch um die Chancen, die sich – wenigstens für Manche – bieten können: In-Einklang-bringen von Arbeit und Leben, mobile, auch lebens- und familienphasengerecht nutzbare Arbeitsformen, mit Selbststeuerung wenigstens teil-souveräner Arbeitsteams.