Einigungsstelle und Betriebsrat: Konflikte lösen im Betrieb

Bei mitbestimmungspflichtigen Themen sind unterschiedliche Meinungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat keine Seltenheit. Ziel von Verhandlungen ist es deshalb, gemeinsam tragfähige Kompromisse zu finden, mit denen beide Seiten gut leben können. Doch was passiert, wenn die Gespräche ins Stocken geraten oder keine Einigung in Sicht ist? In solchen Fällen kann die Einigungsstelle angerufen werden – ein bewährtes Instrument der betrieblichen Mitbestimmung. Der folgende Artikel beschreibt, was eine Einigungsstelle ist, wie sie sich zusammensetzt, wann sie zum Einsatz kommt und wie das Verfahren abläuft. Ein kompakter Überblick für alle, die sich in ihrer Rolle als Betriebsrat orientieren möchten.

Was ist die Einigungsstelle?

Die Einigungsstelle ist eine Art Schiedsgericht und hilft, Streitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat in Mit­bestimmungs­an­gelegen­heiten zu lösen. Sie ist keine feste amtliche Einrichtung. Sie bildet sich jeweils für den betrieblichen Einzelfall und kommt in aller Regel vor Ort in den Räumlichkeiten des Betriebes zusammen.

Wer sitzt in der Einigungsstelle?

Die Einigungsstelle besteht aus einem neutralen Vorsitzenden (in der Regel ein erfahrener Arbeitsrechtler bzw. eine erfahrene Arbeitsrechtlerin) sowie den sogenannten Beisitzern. Hierbei handelt es sich um Vertreter des Arbeitgebers und des Betriebsrats. Welche Personen zu Beisitzern bestellt werden, liegt jeweils im freien Ermessen von Arbeitgeber und Betriebsrat. Wenn sich die Betriebsparteien nicht auf einen Vorsitzenden oder die Zahl der Beisitzer einigen können, bestimmt dies auf Antrag das Arbeitsgericht. In jedem Fall ist die Verteilung paritätisch, das heißt Arbeitgeber und Betriebsrat sind jeweils mit der gleichen Zahl von Beisitzern vertreten.
 

Wann kommt die Einigungsstelle zum Einsatz?

Die Einigungsstelle kann eingeschaltet werden, wenn es zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber zu Konflikten kommt, bei denen die Verhandlungen gescheitert sind. In § 76 des Betriebsverfassungsgesetzes gibt es einige eher allgemeine Regelungen zu dieser Einrichtung. Die Hürden zu ihre Anrufung sind niedrig. Die Fachleute sind sich einig: Es reicht gemeinhin, wenn eine der Betriebsparteien subjektiv keine Einigungschance erkennen kann und weitere Verhandlungen im bisherigen Rahmen für aussichtslos hält.

Welche Themen regelt die Einigungsstelle typischerweise?

Die Einigungsstelle kann zu verschiedensten Informations- und Mitbestimmungsangelegenheiten  gebildet werden, beispielsweise:

  • IT-Systeme: Regeln zur Nutzung und Einführung neuer IT-Systeme.
  • Dienst- und Schichtpläne: Gestaltung und Anpassung von Arbeitszeiten und Schichtplänen.
  • Arbeitszeitregelungen: Festlegung von Arbeitszeiten und Pausenregelungen.
  • Sicherheitsmaßnahmen: Maßnahmen zur Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz.
  • Informationspflichten: Klärung der Informationspflichten des Arbeitgebers gegenüber dem Betriebsrat.
  • Klärung von Auskunftspflichten des Arbeitgebers gegenüber dem Wirtschaftsausschuss.
  • Betriebsänderungen: Aushandlung von Interessenausgleich und Sozialplan.

Werden Einigungsstellen bei Streitigkeiten automatisch aktiv?

Nein, Einigungsstellen werden nie von selbst aktiv. Einigungsstellen müssen immer von mindestens einer der beiden Betriebsparteien, also Arbeitgeber oder Betriebsrat, angestoßen und durchgesetzt werden. Es gibt nur wenige Sonderfälle, in denen es nur beim Arbeitgeber oder nur beim Betriebsrat liegt, eine Einigungsstelle rechtlich in die Wege zu leiten. 

Welche Einigungsstellen sind freiwillig und welche erzwingbar?

Einigungsstellenverfahren sind unbürokratisch und sie sind ein gutes Schlichtungsinstrument für alle denkbaren Streitigkeiten zwischen den Betriebsparteien. In vielen Fällen können sich die Betriebsparteien freiwillig auf die Teilnahme an einem Einigungsstellenverfahren verständigen. Es gibt aber auch rechtlich erzwingbare Einigungsstellen: Insbesondere wenn es um „harte“ Mitbestimmungsangelegenheiten nach § 87 BetrVG geht oder um die Durchsetzung von Informationsrechten des Betriebsrates oder Wirtschaftsausschusses. Nötigenfalls muss eine der Betriebsparteien ein sogenanntes Einigungsstellenerrichtungsverfahren vor dem Arbeitsgericht anstrengen, um eine Einigungsstelle durchzusetzen.

Wie erfolgt die Einberufung einer Einigungsstelle?

Wenn eine der beiden Parteien die Einigungsstelle „anruft“, also ihre Einrichtung verlangt, dann geht das in den meisten Fällen völlig unkompliziert und unbürokratisch. Die Parteien bestimmen den Gegenstand der Einigungsstelle und verständigen sich auf eine Person für den Vorsitz der Einigungsstelle und die Anzahl der Beisitzer. Ab da übernimmt der oder die ausgewählte Vorsitzende die Moderation des weiteren Verfahrens. Kommen die Betriebsparteien nicht zu einer einvernehmlichen Bildung einer Einigungsstelle, dann kann das Arbeitsgericht angerufen werden, um über das Ob und Wie zu entscheiden. 

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Was ist unter dem Spruch der Einigungsstelle zu verstehen?

Die Abstimmungsentscheidung, die von der Einigungsstelle getroffen wird, um einen Konflikt zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat zu lösen, nennt man auch den „Spruch“ der Einigungsstelle. Diese Entscheidung ist verbindlich und ersetzt die Einigung zwischen den beiden Parteien. Deshalb nennt man dieses Abstimmungsergebnis auch Zustimmungsersetzung. Beide Seiten, auch die in der Abstimmung unterlegene Seite, müssen sich an den Spruch halten.

Wie läuft das Verfahren ab?

In der Einigungsstelle finden beide Betriebsparteien ausführlich Gelegenheit, die Sachlage aus ihrer Sicht vorzubringen und Lösungsvorschläge einzubringen. Die Einigungsstelle trifft ihre Entscheidungen nach eingehender mündlicher Beratung. Meist kann eine Kompromisslösung gefunden werden, auf die sich beide Seiten verständigen können. Wenn trotz intensiver Verhandlung keine einvernehmliche Lösung gefunden werden kann, dann kann ein Ergebnis durch Abstimmung herbeigeführt werden. Der Vorsitzende stimmt zunächst nicht mit, sondern nur, wenn keine Mehrheit zustande gekommen ist. Ein Patt ist bei einer Abstimmung zwischen den Betriebsparteien die Regel, schließlich gibt es in einer Einigungsstelle stets die gleiche (paritätische) Anzahl von Beisitzern seitens Arbeitgeber und Betriebsrat. Mit der Abstimmungsentscheidung endet die Einigungsstelle. Eine Ausnahme von diesem Verfahren stellen Einigungsstellen zum Interessenausgleich dar. Es handelt sich um einen Sonderfall, weil hier eine Abstimmung nicht erzwingbar ist. Es kann deshalb vorkommen, dass eine Einigungsstelle auch ohne Spruch beendet wird.

Wer zahlt die Kosten?

Die Kosten der Einigungsstelle trägt der Arbeitgeber. Dazu gehört die Vergütung des Vorsitzenden und der externen Beisitzer. Der Arbeitgeber stellt auch die Räumlichkeiten zur Verfügung.

Pro und Contra Einigungsstelle

Eine Einigungsstelle ist kein Gerichtsverfahren. Es geht nicht um Anklagen, lange Beweisvorträge, aufwendige Gutachten. Und es geht auch nicht um förmliche Rechtsprechung. Vielmehr geht es darum, in einer streitigen Angelegenheit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat durch externe Moderation eine einvernehmliche Lösung zu finden, mit der beide Seiten leben können. In den allermeisten Fällen gelingt das auch. Nur sehr wenige Einigungsstellen enden nach den Erörterungen mit einer (Kampf-)Abstimmung und einem „Spruch“ der Einigungsstelle. Einigungsstellen benötigen manchmal Zeit. Und freilich bedeuten sie immer Kosten für das Unternehmen. Allerdings sind sie auch ein gutes Verfahren, um streitige Angelegenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat vernünftig einer Verhandlungslösung zuzuführen.

Fazit: Die Einigungsstelle ist ein wichtiges Instrument der Konfliktlösung. Wir unterstützen euch gerne

Die Einigungsstelle ist ein wichtiges Instrument zur Lösung von Konflikten im Betrieb. Sie hilft, Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat auf eine unbürokratische, aber strukturierte und verbindliche Weise zu klären. Dadurch können betriebliche Konflikte effizient und fair gelöst werden, was zu einem besseren Arbeitsklima und einer höheren Zufriedenheit der Belegschaft beiträgt. Gerne stehen wir euch bei Fragen jederzeit zur Verfügung.

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