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Wissenschaft und Betriebsräte im Dialog: Das Fortschrittskolleg Arbeit 4.0

Die Prognose ist klar: Die zunehmende Digitalisierung verändert in den kommenden Jahren alle Bereiche der Arbeitswelt. Welche Auswirkung hat diese Entwicklung auf die Beschäftigten? Das Fortschrittskolleg setzt sich seit Ende 2014 mit dieser Frage wissenschaftlich auseinander.

Egal, ob in der Produktionswirtschaft (z. B. Automobilzulieferer oder Leuchtenhersteller), der Dienstleistungsbranche (z. B. Ge­sund­heitswesen oder Logistik) oder im öffentlichen Bereich: Die Digitalisierung verändert die Arbeit grundlegend. Denn zukünftig finden Arbeitsprozesse durchgängig vernetzt und echtzeitorientiert statt. Beschäftigte werden durch diese Ent­wick­lungen besonders gefordert. 

Deren Rolle in der 4.0-Welt hat sich das Fortschrittskolleg Arbeit 4.0 zum Thema gemacht, das Ende 2014 an den Start gegangen ist und durch das Wissenschaftsministerium in NRW finanziert wird. An dem Kolleg sind Wissenschaftlerinnen und Wissen­schaftler der Universitäten Paderborn und Bielefeld beteiligt, die aus den Fachrichtungen Psychologie, Soziologie, Pädagogik, Elek­tro­technik, Maschinenbau, Wirtschaftswissenschaften und Informatik kommen. Um eine beschäftigtenorientierte Perspektive im Rahmen des Forschungsvorhabens zu sichern, haben die Gut­achter bei der Bewilligung der Finanzierung sehr viel Wert darauf gelegt, dass eventuelle Bedenken und Bestrebungen der Beschäftigten integriert werden.  

Die TBS NRW und die IG Metall NRW sind ebenfalls in dieses Projekt aktiv eingebunden. So organisieren und begleiten sie u. a. Austausch-Workshops mit Betriebsräten mit folgenden Themen­feldern:

  1. Einsatz lernender, intelligenter Assistenzsysteme mit Fragestellungen wie z. B. ‚Welche Systeme sind wünschenswert?‘ oder ‚Welche Chancen und Risiken werden bezüglich der Erfassung individueller Arbeitsbelastung sowie Beanspruchung von Beschäftigten gesehen?‘
  2. Übergang zu menschenzentrierten, flexiblen Arbeitsprozessen mit Fragestellungen wie z. B. ‚Wie können sich Beschäftigungsverhältnisse verändern?‘ oder ‚Wie kann eine Flexibilisierung von Arbeitsprozessen die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben verbessern?‘
  3. Anforderungsorientierte Systementwicklung mit Fragestellungen wie z. B.: ‚Auf welche Aspekte sollte bei der Entwicklung von Industrie-4.0-Anwendungen geachtet werden?‘ oder ‚Wie kann die Qualitätssicherung und -verbesserung der Industrie-4.0-Anwendungen unterstützt werden?‘
  4. Konzepte für die Aus- und Weiterbildung und das Lernen am Arbeitsplatz mit Fragestellungen wie z. B. ‚Inwiefern verändern sich die Aus- und Weiterbildungsformen in Unternehmen?‘ oder ‚Inwieweit führen Veränderungen durch Industrie-4.0-Anwendungen zu einem steigenden oder sinkenden Anforderungsniveau für Beschäftigte?‘

Die TBS NRW beteiligt sich inhaltlich an dem Fortschrittskolleg auf zwei Arten. Zum einen wird mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern über Forschungsansätze und Zwischenergeb­nisse gesprochen. Es erfolgen Rückmeldungen aus Sicht eines TBS-Beraters. So konnte aus den Erfahrungen in puncto Betriebs­vereinbarung „Digitales Fahrtenbuch“ das Spannungsfeld Transparenz und Überwachung aufgezeigt und die möglichen Regelungsansätze dargestellt werden – so etwa anhand von Fragen wie: Wo befindet sich ein Fuhrparkfahrzeug? Wurde es ressourcensparend oder verschwenderisch gefahren? Wurde der sinnvollste Weg gewählt?

Zum anderen organisiert die TBS NRW so genannte Austausch­workshops zu den einzelnen Themenfeldern. In den Workshops diskutieren und bewerten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus den Betrieben, vorrangig Betriebsräte, die wissenschaftlichen Ansätze und Ergebnisse. Das Besondere: Diese Rückmeldung aus Beschäftigtensicht findet Eingang in die Ausformulierung der wissenschaftlichen Ansätze. 

Ein nächster Workshop zum Thema ‚Assistenzsysteme‘ soll im Herbst stattfinden. Diese werden vorgestellt, mögliche Gestal­tungs­varianten erörtert. Wer an diesem Workshop teilnehmen möchte, melde sich bitte beim Autor dieses Artikels.